Pränataldiagnostik
Schwangerschaft ist heute für werdende Eltern in Deutschland ohne umfassende technische Überwachung kaum denkbar (ob das in jedem Fall notwendig und hilfreich ist, ist eine andere Frage). Von Tests und Ultraschall erhoffen sich Ärzt*innen und Eltern "Sicherheit" für ein "gesundes" Kind.
Wird jedoch eine Diagnose wie das Down-Syndrom gestellt, finden sich Mütter und Väter mit der schweren Aufgabe konfrontiert, über Fortsetzung oder Abbruch der Schwangerschaft entscheiden zu müssen.
Nach unterschiedlichen Quellen entscheiden sich ca. 95 % der Eltern/Mütter, die nach pränataldiagnostischem Befund ein Kind mit Down-Syndrom erwarten, für einen Schwangerschaftsabbruch. Nach einer November 2021 publizierten Studie für Deutschland (Sachsen) haben sich 52,1 Prozent der Eltern/Mütter nach pränataldiagnostischem Befund "Trisomie 21" für einen Schwangerschaftsabbruch entschieden. Mehr Information zu diesen Zahlen hier ...
Pränataldiagnostik und Entwicklung der Anzahl von Neugeborenen mit Trisomie 21 in Frankreich, Deutschland und Dänemark
Hier kommt Ihr zu einer Zusammenfassung der Entwicklung in Frankreich, Deutschland und Dänemark, wie viele Kinder mit Down-Syndrom geboren werden, basierend einmal auf den Zahlen des Dänischen Nationalregisters sowie zum anderen detailliert recherchiert für Frankreich, Region Alpes-Maritimes sowie für Sachsen-Anhalt (Fehlbildungsmonitoring-Stelle) ...
Wie verlässlich ist der nicht-invasive Pränataltest (NIPT)?
Die Güte des nicht-invasiven Pränataltests zur Vorhersage einer Trisomie 21 ist nicht leicht zu verstehen.
Deshalb hier eine Übersicht vom Diakonischen Werk Württemberg (aus der wir im Folgenden zitieren), wie ungenau bzw. genau der Pränataltest Trisomien vorhersagen kann oder nicht. Bei Ärzt:innen und in der Presse findet sich häufig die Zahl, dass der Pränataltest bei Trisomie 21 zu ca. 99 % genau die Trisomie 21 vorhersagen würde. Diese Aussage ist sehr missverständlich für uns Laien und wird fast immer falsch interpretiert.
Wie verlässlich ist ein auffälliges Testergebnis beim nicht-invasiven Pränataltest (NIPT) auf die Trisomien 21, 18, 13 für eine einzelne Schwangere?
(Link zum Original-Artikel, Diakonie Württemberg, Claudia Heinkel, Pua-Fachstelle für Information, Aufklärung, Beratung zu Pränataldiagnostik und Reproduktionsmedizin).
Der non-invasive Pränatal-Test (= NIPT) liefert zwei Ergebnisse:
1) Ergebnis ist „auffällig“/positiv = vorhergesagt wird ein Kind mit Trisomie bzw.
2) Ergebnis ist „unauffällig“/negativ = vorhergesagt wird ein Kind ohne Trisomie.
Eine Schwangere mit einem unauffälligen ("negativen") Testergebnis bspw. zu Trisomie 21 kann davon ausgehen, dass ihr Kind mit hoher Wahrscheinlichkeit keine Trisomie 21 hat. Je jünger die Schwangere ist, die ein auffälliges ("positives") Testergebnis für eine Trisomie 21 erhält, desto größer ist die (statistische) Wahrscheinlichkeit, dass dieses Ergebnis fälschlich positiv/auffällig ist.
Der oben verlinkte Text erklärt die Gründe dafür und zeigt in der Tabelle auf S. 3 oben den tatsächlichen altersabhängigen Vorhersagewert für eine einzelne Schwangere, wenn bei ihr das Testergebnis auffällig = positiv ist. Der Wert der tatsächlichen individuellen Vorhersage ist (teils deutlich) niedriger, als die sogenannte Sensitivität: Die Sensitivität des NIPT gibt Auskunft, wieviel Prozent der Schwangeren, die tatsächlich ein Kind mit Trisomie 21 erwarten, vom Test auch korrekt identifiziert (richtig-positiv) werden.
Das ist aber etwas anderes, als die altersabhängige Vorhersage für eine einzelne, individuelle Frau, die eben auch womöglich kein Kind mit Trisomie 21 erwartet, bei der dennoch der Test falsch-positiv ausfällt.
Somit ist es sehr problematisch, dass die Herstellerfirmen und Anbieter der Tests beinahe ausschließlich die Zahlen für die Sensitivität des Tests kommunizieren und nicht diesen viel wichtigeren Vorhersagewert für die einzelne Schwangere benennen - und dass Ärzt:innen und Medien dies leider häufig so verzerrend übernehmen.
Warum ist die Sensitivität verzerrend?
Ein Beispiel: Für die Trisomie 21 liegt die Sensitivität des Tests zwar bei vermeintlich hohen 99,2 %: Jedoch weichen bei einem einzigen auffälligen/positiven Testergebnis auf Trisomie 21 einer einzelnen Schwangeren die positiven Vorhersagewerte stark von der hohen Sensitivität von 99,2 % ab: Eine 20-jährige Schwangere mit einem auffälligen Testergebnis zu Trisomie 21 hat eine statistische Wahrscheinlichkeit von nur 48 %, dass das Testergebnis richtig-positiv ist! Obwohl dieser Test bei Frauen, die tatsächlich ein Kind mit Trisomie 21 erwarten, bei einer Sensitivität (richtig-positive Vorhersage) von 99,2 % liegt!
Zahlen und Vorhersagen sind nur so gut, wie wir sie richtig verstehen und bewerten können
Übersichtsartikel zu Pränatal-Diagnostik (Chrismon)
Hier ein guter Hintergrunds-Artikel zum aktuellen Stand von Pränatal-Diagnostik (und auch Prä-Implantations-Diagnostik), den Chrismon veröffentlicht hat:
Claudia Keller, 1.2.2019, Chrismon
Viele Tests, keine Garantie
Werdende Eltern sorgen sich, ob ihr ungeborenes Kind gesund ist. Vorgeburtliche Untersuchungen können viele Fragen beantworten - aber nicht alle
Hier zum gut recherchierten Übersichts-Artikel zu Pränataldiagnostik ...
Fact Sheet: nicht-invasiver Pränatal-Test als Kassenleistung (Die Wissenschaftsjournalisten)
Hier findet Ihr eine sehr gute Zusammenfassung der Wissenschaftsjournalisten zum nicht-invasiven Pränatal-Test bei Trisomie 21, der als Kassenleistung angeboten werden soll ...
Offener Brief an G-BA: Keine Kassenzulassung des nicht-invasiven Pränatal-Bluttests
Wir sind Mitunterzeichner:
Ein breites zivilgesellschaftliches Bündnis fordert 02/2021 den Vorsitzenden des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA), Prof. Josef Hecken, in einem Offenen Brief auf, den Beschluss über die Kassenzulassung des ersten vorgeburtlichen Bluttests auf eine Behinderung zurückzustellen.
Hier zum Brief ...
Offener Brief an Bundestagsabgeordnete gegen Kassenzulassung des nicht-invasiven Pränatal-Tests
Wir sind Mitunterzeichner:
Bluttest auf Down-Syndrom erneut im Bundestag beraten!
Ob ein ungeborenes Baby das Down-Syndrom hat, kann durch einen neuartigen Test festgestellt werden. Dazu muss nur das Blut der schwangeren Frau untersucht werden. Die Lebenshilfe und weitere Verbände lehnen eine breite Anwendung dieses Bluttests ab. Sie haben deshalb an die Abgeordneten des Deutschen Bundestages geschrieben.
Am 4.3.2021 hat die Bundesvereinigung Lebenshilfe als Teil des Bündnisses „Runder Tisch NIPT als Kassenleistung“ die Abgeordneten des Deutschen Bundestages angeschrieben und sie aufgefordert, den vorgeburtlichen Bluttest auf Down-Syndrom und andere Trisomien erneut zu beraten. Im Verfahren beim Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) sind Widersprüche zu den in der Bundestags-Orientierungsdebatte zum Ausdruck gebrachten Überzeugungen der Parlamentarier aufgetreten. Der G-BA berät auf Grundlage der wissenschaftlichen Bewertung des Instituts für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen über die Kassenfinanzierung des Bluttests. Die bisherigen Ergebnisse können darauf hinauslaufen, dass dieser Bluttest zum Standardverfahren in der Schwangerschaft wird – was weder medizinisch sinnvoll noch gesellschaftlich gewollt ist. So hatten die Abgeordneten in der Debatte Reihenuntersuchungen ausdrücklich abgelehnt.
Hier zum offenen Brief an die Bundestagsabgeordneten ...
Weitere Informationen der Lebenshilfe Bundesvereinigung zum Pränatal-Test über diese Seite ...
Stellungnahme "Gegen Diskriminierung von Menschen mit Trisomie 21"
Verschiedene Down-Syndrom-Organisationen - auch unser Verein vertreten über das Down-Syndrom-Netzwerk Deutschland - haben sich in einer Stellungnahme am Welt-Down-Syndrom-Tag 2015 zusammen mit der Lebenshilfe Bundesvereinigung gegen Reihenuntersuchung mit dem "Praena-Test" zu Wort gemeldet.
Down-Syndrom-Fachverbände und die Lebenshilfe wenden sich dabei entschieden gegen den Einsatz des sogenannten Praena-Tests als Reihenuntersuchung. Bei dieser Vorsorge-Untersuchung lässt sich durch eine Blutentnahme bei der werdenden Mutter bereits in der frühen Schwangerschaft das Vorliegen einer Trisomie 21 (Down-Syndrom) feststellen. Der Praena-Test wurde in Deutschland im Sommer 2012 zugelassen.
Hier kommt Ihr zur Stellungnahme "Gegen Diskriminierung von Menschen mit Trisomie 21" ...
Schwangerschaft, Pränatal-Diagnostik - Lebenshilfe Bundesvereinigung
Lebenshilfe Bundesvereinigung
Pressemitteilung vom 10.4.2019 zur Präna-Test-Bundestagsdebatte
Warum haben viele Menschen so große Angst vor dem Down-Syndrom?
Untersuchungen in der Schwangerschaft
Eine Schwangerschaft ist eine Zeit der Vorfreude und Ungewissheit. Vor allem die Entwicklung und die Gesundheit des Babys sind wichtig. Deshalb gibt es zahlreiche Untersuchungen in der Schwangerschaft. Dazu zählt auch die Pränataldiagnostik. Wir geben Ihnen einen Überblick über die Möglichkeiten, Risiken und Gefahren.
Positionspapiere der Bundesvereinigung Lebenshilfe
Präimplatations-Diagnostik, Lebenshilfe Bundesvereinigung (2010)
Vorgeburtliche Untersuchungen im Besonderen Testverfahren auf das Vorliegen eines Down-Syndroms
Mein Name ist Hanna. Ich bin im 7. Monat schwanger - einsmehr.org
"Mein Name ist Hanna. Ich bin im 7. Monat schwanger, eine sog. „Erstgebärende“. Ein Junge, wenn die Ärzte sich nicht ganz stark irren. Wenn mein Kleiner im Juli geboren wird, werde ich schon 30 Jahre alt sein. Ich weiß, dass ich damit noch keine „Risikoschwangere“ bin – trotzdem nicht mehr die Jüngste und bei einem Kind soll es ja nicht bleiben. Bei meiner zweiten Untersuchung beim Gynäkologen hat er mich gefragt, ob ich eine Nackenfaltenmessung durchführen lassen wollte. Ich hatte keine Ahnung, was das genau ist und ob ich das möchte."
ZEIT: Wer darf leben?
Ein langer Beitrag der ZEIT (nominiert 2015 für den Grimme online Preis) zu Pränataldiagnostik:
Wer darf leben?
22. Januar 2015 zuletzt aktualisiert am 13. Mai 2015
Von Sven Stockrahm, Alina Schadwinkel und Dagny Lüdemann
Zwei Jungen mit Down-Syndrom: Benjamin lebt, Luca ist tot. Entschieden haben das ihre Eltern. Ein Dilemma, in das Tests vor der Geburt immer mehr Paare stürzen.
Dieses Multimedia-Dossier setzt sich zusammen aus Text, einigen Video-Interviews sowie erklärenden Grafiken z.B. zur Pränataldiagnostik sowie zur Entstehung einer Trisomie 21 bei der Zellteilung.
Übersicht:
- "Wir haben unseren Sohn getötet"
- Diese Tests können Schwangere machen
- Benjamin hat das Down-Syndrom
- Wer darf leben?
Hier kommt Ihr zu dem hervorragenden, aber emotional nicht einfachen Beitrag der ZEIT ...
Diesen Beitrag gibt es auch in einer Version in leichter, verständlicherer Sprache ...
Dänemark: Gentest auf Downsyndrom
Am 24.12.2019 erschien auf SPIEGEL ONLINE dieser Artikel zu Menschen mit Trisomie 21 in Dänemark:
Gentest auf Downsyndrom: Wo es Kinder wie Daniel bald nicht mehr geben könnte
Seit 15 Jahren bietet Dänemark allen Schwangeren ein kostenloses pränatales Screening an. Ist der Test positiv, brechen inzwischen 95 Prozent der Mütter die Schwangerschaft ab. Wie geht es Familien, die trotzdem ein Kind mit Downsyndrom haben?
Hier kommt Ihr zum Artikel ...
Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik
Das Netzwerk gegen Selektion durch Pränataldiagnostik ist ein Netzwerk von Expertinnen und Experten. Es besteht aus Einzelpersonen und Institutionen aus der Schwangeren- und Schwangerschaftskonfliktberatung, aus Gynäkologie und Geburtshilfe, der Bildungsarbeit, Politik und Wissenschaft. Zum Netzwerk gehören Behindertenverbände und Gruppen der Behindertenselbsthilfe. Uns verbindet eine grundsätzlich kritische Haltung gegenüber der Pränataldiagnostik mit ihren selektiven Zielen.
- Wir mischen uns ein in gesellschaftliche Debatten zu Pränataldiagnostik, Präimplantationsdiagnostik, zu genetischen Tests in der Schwangerschaft, zur Medizintechnik.
- Wir sind eine öffentliche Gegenstimme zur weit verbreiteten Akzeptanz der neuen medizinischen Techniken.
- Wir initiieren kritische Diskurse, um auf die gesellschaftlichen Probleme der neuen Medizintechniken aufmerksam zu machen.
- Wir engagieren uns für umfassende Information und Aufklärung, die Menschen unterstützen will, einen eigenen Umgang mit den vielfältigen Angeboten an Tests und Untersuchungen zu finden.